Schloss Neuhaus: Poesie, Kunst und Geschichte im Pustertal
Versteckt am bewaldeten Hang oberhalb von Gais erhebt sich Schloss Neuhaus still und zeitlos zwischen den Bäumen. Errichtet zwischen 1240 und 1245 von den Herren von Taufers, verweist bereits sein Name – „neues Haus“ – auf den Anspruch seiner Erbauer: ein solides, wenn auch schlichtes Anwesen zu schaffen, das Schutz bot und zugleich das umliegende Land überblickte.
Nach dem Aussterben des Geschlechts ging das Schloss an die Grafen von Görz-Tirol über, in deren Besitz es mehrere Jahrhunderte blieb. Ab 1601 wurde auf dem Hügel eine kleine Kapelle errichtet, die sich im Laufe der Zeit zu einem Wallfahrtsort entwickelte – ein Ausdruck der tiefen Verbundenheit der Bevölkerung mit diesem spirituell aufgeladenen Ort.
Zwischen Verfall und Wiedergeburt
Im 17. Jahrhundert setzte der allmähliche Verfall des Anwesens ein. Graf von Künigl ließ am Fuß des Hügels ein barockes Gebäude für den Schlossverwalter errichten. Erst 1924, durch das Engagement von Graf Cäsar Straßsaldo-Grafenberg, begann eine erste Restaurierungsphase. Heute sind vom ursprünglichen romanischen Bau noch der Bergfried, Teile der Wehrmauer sowie ein Vorbau mit Graben gut erhalten.
Ein Schloss der Inspiration
Schloss Neuhaus war nicht nur Adelssitz, sondern auch ein Zufluchtsort für Künstler und Intellektuelle. Zu den bekanntesten Gästen zählt Oswald von Wolkenstein, Dichter und Sänger des Spätmittelalters, der hier eines seiner berühmtesten Werke, „Jetterin von Lanebach“, verfasste.
Im 19. Jahrhundert verwandelte die Künstlerfamilie Bacher – bestehend aus Malern und Bildhauern – das ehemalige Verwalterhaus in ein Atelier. Während des Zweiten Weltkriegs fand auch der US-amerikanische Dichter Ezra Pound mit seiner Familie Zuflucht hinter den alten Mauern.
Heute erzählt Schloss Neuhaus von Rittern, Pilgern und Künstlern. Seine Ruinen zeugen nicht von Verlassenheit, sondern von einem kulturellen Erbe, das noch immer zwischen den Steinen lebt. Wer diesen Ort besucht, spürt: Geschichte kann weiterwirken – selbst in Fragmenten.