Die Viles: Die alten Siedlungen im Gadertal
Im Herzen des Gadertals, eingebettet in eine von den Dolomiten geprägte Landschaft, liegen Les Viles: uralte bäuerliche Siedlungen, einzigartig im gesamten Alpenraum. Diese kleinen Wohnkerne sind eines der authentischsten Symbole der ladinischen Identität und zeugen von einem Leben, das von Gemeinschaft, Arbeit und Respekt vor der Natur geprägt ist.
Alte Wurzeln zwischen Rätiern und Römern
Die Ursprünge der Viles reichen weit in die Vergangenheit zurück. Man geht davon aus, dass diese Bauten eine Weiterentwicklung der „Tambre“ sind – alpine Hütten des Rätervolks, das bereits in vorrömischer Zeit hier lebte.
Im Laufe der Jahrhunderte wurde die Bauweise durch römische Einflüsse – offener und organisierter – sowie durch bajuwarisch-langobardische Einflüsse – verschlossener und defensiver – bereichert. Das Ergebnis ist eine einfache, aber raffinierte Architektur, perfekt angepasst an die alpine Umgebung.
Die Räume der Viles: Mehr als nur Wohnen
Jede Vila besteht aus drei Hauptgebäuden, die jeweils eine bestimmte Funktion erfüllen:
- Die Ćiasa: das eigentliche Wohnhaus mit einem oberen Wohnbereich sowie einem Keller, Lagerraum und einer kleinen Werkstatt im Untergeschoss.
- Die Majun: Stall und Heuboden im Erdgeschoss – das produktive Zentrum des Bauernhofs.
- Das Tablé: ein erhöhter Stadel mit einem umlaufenden Holzgang zum Trocknen von Heu und Getreide.
Diese Gebäude, aus lokalen Materialien errichtet, spiegeln das tiefe Wissen über die Umwelt und das Bedürfnis nach Selbstversorgung wider.
Architektur der Solidarität
Les Viles sind Hausgruppen in Kreis- oder Halbkreisform – eine typische Struktur romanischer Siedlungsplanung, die dazu diente, gemeinsame Ressourcen zu verwalten und Sicherheit zu gewährleisten. Diese Struktur stärkte das Zugehörigkeitsgefühl und führte zu kleinen autonomen Gemeinschaften.
Innerhalb dieser Siedlungen befanden sich:
- Eine Wasserquelle
- Ein gemeinschaftlicher Brotbackofen
- Eine Schmiede und eine Tischlerei
- Ein Geräteschuppen
Dieses Wohnmodell erzählt von einer Gemeinschaft, die auf gegenseitiger Hilfe, Selbstversorgung und Respekt für das Land basierte.
Die Tradition des geschlossenen Hofes
Erhalten blieben diese Gemeinschaften auch durch die Regelung des geschlossenen Hofes („Hofübergabe“), nach der das gesamte Anwesen an den erstgeborenen Sohn vererbt wurde, um eine Zersplitterung des Besitzes zu verhindern. Dieses System ermöglichte die Bewahrung der Viles, sowohl in ihrer Struktur als auch in ihrer sozialen Funktion.